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Ein Neuanfang in der Schweiz

  • Peggy Kersten und Dirk Schulz vor dem Pastorat in Waabs. Ihre Hündin Frieda nehmen sie mit in die Schweiz.

Waabs/Gettorf/Schinkel – Die Zeit ist reif für etwas Neues. Noch etwa zehn Jahre ihres Berufslebens haben Peggy Kersten und Dirk Schulz vor sich. Das große Pastorat neben der Marienkirche in Waabs, in das die beiden vor zwölf Jahren mit ihrer Familie eingezogen sind, hat sich geleert. Außer den beiden leben nur noch Hund und Katze dauerhaft in dem roten Backsteinbau. Und so ist es Zeit für die Pastorin der Kirchengemeinde Schwansen und den Pastor der Kirchengemeinde Gettorf, noch einmal einen Neuanfang zu wagen. Es zieht die beiden in den mehr als 1.000 Kilometer entfernten Kanton Graubünden in der Schweiz. Vorher werden sie noch verabschiedet: Dirk Schulz am Freitag, 22. April, ab 19 Uhr mit viel Musik in der Gettorfer Kirche und Peggy Kersten am Sonntag, 24. April, um 14 Uhr im Pastoratsgarten neben der Marienkirche in Waabs.

„Wenn ich in die Berge fahre, dann geht mir das Herz auf“, sagt Peggy Kersten. Und Berge gibt es genug rund um ihre neue Wirkungsstätte. Gemeinsam mit ihrem Mann wird Peggy Kersten in der Kirchgemeinde Grüsch-Fanas-Valzeina dort im Prättigau, so heißt das Tal, Dienst tun. Jeweils mit Stellumfang von 70 Prozent werden sie dort in der reformierten Kirchengemeinde die Menschen begleiten, Gottesdienste feiern und im Schuldienst tätig sein. Diese Besinnung auf die wesentliche Tätigkeit als Pastorin ist es, die Peggy Kersten besonders an ihrer neuen Arbeit reizt. „Wir haben nicht so viele administrative Aufgaben wie hier bei uns“, sagt sie.

Dirk Schulz freut sich besonders auf den Religionsunterricht in den Schulen, den er dort regelmäßig zu leisten hat. Bisher sei das eher unregelmäßig seine Aufgabe gewesen, er habe dabei immer viel Spaß gehabt. Erste Kontakte hat das Ehepaar bereits geknüpft, beide wissen also, worauf sie sich einlassen. Unter anderem auch darauf, dass die Kirchengemeinde nach einem Jahr darüber zu befinden hat, ob sie dauerhaft bleiben dürfen.

„Die reformierte Kirche in der Schweiz ist basisdemokratisch strukturiert“, erläutert Peggy Kersten. Die wichtigsten Entscheidungen treffe die Gemeindeversammlung. Die Pastorinnen und Pastoren seien zwar Mitglied im Kirchenvorstand, hätten dort aber kein Stimmrecht. Außerdem sind sie keine Beamten mehr, sondern Angestellte der Kirchengemeinde. Die Nordkirche hat das Ehepaar vorerst für sechs Jahre beurlaubt.

Peggy Kersten und Dirk Schulz arbeiten künftig statt in der lutherischen in der reformierten Kirche. Da gibt es auch einige Unterschiede. „Wir mussten uns in reformierter Kirchengeschichte und Liturgik prüfen lassen“, sagt Peggy Kersten. Beide haben bestanden. Das gilt auch für die Probe vor der Gemeinde. „Nach dem Probegottesdienst wurde nur leicht erstaunt festgestellt, dass ich nach dem Segen noch das Kreuzzeichen gemacht habe“, sagt Dirk Schulz. Darüber wird er nun neu nachdenken. „Jegliches klerikales Gehabe mögen sie dort nicht“, sagt er. Das Vaterunser beginnt er künftig andersherum: „Unser Vater im Himmel.“ Alles kein Problem für die beiden erfahrenen Pastores. Aber ungewohnt. Wie auch die Sprache. „Manchmal werden wir schon darum bitten müssen, dass unsere Gesprächspartner langsamer sprechen“, sagt Peggy Kersten.

Anfang Mai zieht das Ehepaar in ein großes Pfarrhaus in der Mitte der Gemeinde. Dass sei schon deshalb wichtig, weil die Familie – die Kinder und derzeit ein, bald zwei Enkelkinder – regelmäßig zu Besuch kommen will und gerne darf. Auf ihre Zeit in den beiden Gemeinden schauen sie gerne zurück. Ob es die Sanierung der Marienkirche in Waabs war oder die Übernahme des Vorsitzes des Kirchengemeinderats in Gettorf. Die beiden haben viel erlebt in den vergangenen Jahren. „Ich habe bei allen meinen Stationen als Pastor viel gelernt“, sagt Dirk Schulz. Dem kann seine Frau nur zustimmen. Und viel Neues werden die beiden in den kommenden Monaten auch lernen müssen. Vermutlich passt da die plattdeutsche Redewendung, die Dirk Schulz seiner Gemeinde zu seinem Abschied mit auf den Weg gibt: „Nur Mut – dat löpt sich allens torecht!“